Auf meinem Schreibtisch lehnt eine alte Karteikarte an der Bücherreihe. Ein einziges Wort steht darauf: Hingabe. Vor langer Zeit habe ich es aufgeschrieben. Rastlos, unruhig, gehetzt unter dem Druck vieler Aufgaben war ich damals. Im Gespräch mit einer Freundin fiel dann dieses Wort – Hingabe, ein Wort, mir nicht zu eigen, mir fremd. Hingabe? Zu viel Gefühl steckte darin, leben nur in diesem Moment, mich ihm hingeben? Da fehlte mir die Ruhe, wie sollte ich dann alles schaffen? Dennoch nahm ich dieses Wort aus dem Gespräch mit nach Hause und schrieb es auf diese Karteikarte. Und fortan schlich die Hingabe sich in meinen Alltag: Hingabe an ein Thema, an jede kleine Aufgabe in jedem Moment. In kleinen Schritten kam sie, raunt mir heute noch zu: Lass dich nicht ablenken; bleib dabei, eines nach dem anderen; diese E-Mail kannst du später lesen; der Anrufer meldet sich wieder. Und vor allem an eines erinnert sie: Jetzt ist noch Pause, gönn‘ dir das Innehalten, genieß die Minuten. Lesen brauche ich die Karteikarte schon lange nicht mehr, schon wenn ich sie von weitem sehe, macht Ruhe sich breit.
Sabine Schaefer-Kehner