Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich in das Verhaltensmuster unreifer Kinder zurückfalle, wenn ich immer genau das haben oder erreichen oder erleben möchte, was im Moment nicht möglich ist… kennen Sie das auch? Der Satz: „Glücklich ist zu nennen, wer sich auf die Kunst versteht, aus den Blumen in Reichweite einen Strauß zu binden!“ sagt mir etwas vom Wesen des Glücks. Es besteht nicht in den Dingen, im Materiellen, es ist eine Sache der Erfahrung. Es ereignet sich in mir selbst. Vielleicht tragen wir den Schlüssel zum Glücklichsein in uns selber? Ich möchte Ihnen gerne fünf Schlüssel zum Glück schmackhaft machen und lade Sie ein, mich auf diesem gedanklichen Weg ein wenig zu begleiten:
Der erste Schlüssel, den ich anbiete, lautet: Aufgeschlossenheit, Sensibilität Jeden Tag erlebe ich Momente des Glücks, die zuerst einmal bemerkt werden müssen. Ich bin darüber glücklich, den Zug doch noch erreicht zu haben; dass ich den Anzug, den ich heute trage, im Schlussverkauf so preisgünstig erwerben konnte; dass ich gestern einen vergnüglichen Abend erleben durfte; dass es schönes Wetter gibt; dass meine Kopfschmerzen verflogen sind und ich wieder klar und unbeschwert denken kann usw. Momente des Glücks, die ich jeden Tag erlebe, aber die ich auch bemerken muss! Mein zweiter Schlüssel lautet: sich Glück auch gönnen! Ich tue bewusst etwas, um mir selber einen Glücksmoment zu ermöglichen: ich mache eine nicht vorher eingeplante Pause, ich kaufe im Supermarkt eine tropische Frucht und verkoste sie, obwohl ich sie vorher immer ein wenig misstrauisch betrachtet habe; ich krame auf dem Dachboden oder im Keller und finde eine uralte Schallplatte, die ich in mein Zimmer mitnehme und mir anhöre; ich stelle endlich einmal die Möbel um und arrangiere sie so, wie ich schon lange tun wollte; oder ich erlaube mir einfach einmal, so richtig ausgiebig auszuschlafen… Mein dritter Schlüssel wäre: Für Überraschungen sorgen! Was mich manchmal grantig und unzufrieden sein lässt, ist das tägliche Einerlei des Lebens. Ich sollte mir daher etwas einfallen lassen, um dieses Einerlei zu durchbrechen. Manchmal bedarf es dazu nur eines kleinen Ruckes aus der täglichen Bequemlichkeit, ein bisschen Zeit, ein wenig Geld, etwas Phantasie: ein paar Gäste zum Abendessen einladen, durch Fleurop Blumen zu verschicken, mir Konzert- oder Theaterkarten zu besorgen und auch hinzugehen oder was auch immer. Mir ist ein überraschungsreiches, mitmenschliches, freundschaftliches, kontaktreiches Leben lieber als ein hohes Bankkonto…. Schlüssel Nummer vier heißt: in der Gegenwart leben! Mir fällt ein, was ich von einem in der Meditation sehr erfahrenen Mann gehört habe. Als man ihn fragte, warum er trotz seiner vielen Besuche, die er bekomme und der vielen Aufgaben die man ihm übertrage, trotzdem so konzentriert und ruhig sein könne, antwortete er: „Wenn ich stehe, dann stehe ich; wenn ich gehe, dann gehe ich; wenn ich sitze, dann sitze ich; wenn ich esse, dann esse ich; wenn ich spreche, dann spreche ich…!““Da fielen ihm die Fragesteller ins Wort: „„Aber das tun wir doch auch, was machst du darüber hinaus noch?“ Er antwortete: „Nein, das macht ihr eben nicht. Wenn ihr sitzt, dann steht ihr schon, wenn ihr steht, dann lauft ihr schon, wenn ihr lauft, dann seid ihr schon am Ziel!“ Sich üben im Gegenwärtigsein, mehr bei mir selbst, ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass jede Sekunde meines Lebens unwiederbringlich und daher kostbar ist. Und Schlüssel Nr. fünf nenne ich: Loslassen können! Bei Dorothee Sölle habe ich gelesen: „Ich halte Jesus von Nazareth für den glücklichsten Menschen, der je gelebt hat. Jesus erscheint mir in den Evangelien als einer, der seien Umgebung mit Glück ansteckte, der seine Kraft weitergab, der verschenkte, was er hatte. Von Christus kann ich lernen: je mehr einer loslässt, umso glücklicher wird er, seine Hände krampfen sich nicht mehr um das Stückchen Leben, das ihm zufällt. Seine Hände können sich öffnen!“ Aus den Blumen in Reichweite einen Strauß binden. Meine Möglichkeiten erkennen und tun, was mir möglich ist. Bei unserem Blumensträußchen, das wir gebunden haben, kommt es nicht auf die Kostbarkeit der Blumen und Blüten an, es sind Blumen, wie sie überall links und rechts unserer Wege blühen: 3 Löwenzahnblüten, ein paar Vergissmeinnicht, 5 Gänseblümchen, 3 weiße Taubnesseln, einige Leberblümchen können ein wunderbares Sträußchen sein… und wenn wir die Freude darüber vermehren wollen, brauchen wir dieses kleine Gebinde nur mitnehmen und jemanden schenken… und vielleicht finden wir an den Rändern unserer Wege noch das eine oder andere Blümchen, das unseren Strauß noch schöner macht….
Quelle: www. evangelisch.ainet.at – Atempause online