Befreiung

Herr, du hast mich gefunden. Das will ich festhalten. Aber ich selbst habe mich verloren. Ich sehe nicht, wozu ich durchhalten soll. Ich sehe kein Ziel und keinen Sinn, keine Gerechtigkeit und kein Erbarmen. Es fehlt nichts, wenn ich fehle. Es hilft niemandem, wenn ich mich überwinde. Niemand kennt mich, wie ich wirklich bin, auch nicht ich selbst. Ich habe keinen Ausweg, als auf dich zu sehen. Ich komme aus deiner Hand. Du hast mich nach deinen Gedanken gemacht, du hattest ein Bild von mir. Und einmal werde ich dich finden, und du wirst mich vollenden zu dem, der ich in deinen Augen bin. Du bewahrst mein Bild bei dir in der Zeit der Finsternis und der Verlorenheit und rufst mich wieder, wenn es Zeit ist. Das höre ich: Am Morgen des Ostertags stand Maria vor dem Grab und weinte. Am hellen Tag stand sie in der Finsternis. Da sagtest du: Maria! Herr, sprich mich an mit dem Namen, den ich bei dir trage, und verwandle mich, befreie mich, erlöse mich, dass ich dich finde. Herr, ich bin nichts. Aber ich bin dein.

Jörg Zink